Mitglieder und Freunde der Liberalen Senioren im Regionalverband Bodensee-Oberschwaben-Ulm besichtigten am 1. September 2022 die Raumfahrtabteilung des Airbuswerkes in Immenstaad – eine Exkursion ins Herz der deutsch – europäischen Weltraumforschung
Die Airbus SE ist Europas größter Luft- und Raumfahrt- sowie zweitgrößter Rüstungskonzern. Mit einem Umsatz von rund 52 Milliarden Euro war Airbus im Jahr 2021 das drittgrößte Luft- und Raumfahrtunternehmen der Welt. Das Unternehmen beschäftigt an mehr als 70 Entwicklungs- und Produktionsstandorten in Europa sowie in 35 Außenbüros weltweit rund 127.000 Mitarbeiter. Seit der Gründung im Jahr 2000 wird der Konzern an den Börsen Paris und Frankfurt gehandelt und in den französischen Leitindex CAC 40 sowie seit dem 20. September 2021 in den DAX einbezogen. [Quelle: Wikipedia]
Historisch herausgebildet haben sich vor allem drei Geschäftsbereiche:
- Airbus Commercial Aircraft, die Zivilflugzeugsparte, ist die größte Airbus-Group-Division. Die Typenfamilie der Airbus-Passagierflugzeuge reicht vom kleinsten Airbus A318 bis zum größten Airbus, dem erstmals am 15. Oktober 2007 in Toulouse an Singapore Airlines ausgelieferten Airbus A380.
- Airbus Defence and Space – diese 2014 neu gegründete Division mit Sitz in Ottobrunn/Taufkirchen bei München fasst die alten EADS-Divisionen Cassidian, Astrium und Airbus Military zusammen. Zu ihrem Produktportfolio zählen militärische Flugzeuge, Satelliten und Orbitalsysteme, kommerzielle Trägerraketen (ArianeGroup), Lenkflugkörper (MBDA), Verteidigungssysteme, Sicherheitslösungen und Kommunikationstechnologie.
- Airbus Helicopters, bis zum 1. Januar 2014 Eurocopter, gegründet 1992, ist heute ein deutsch-französisch-spanischer Teilkonzern und ein Geschäftsbereich der Airbus Group. Im Jahr 2009 festigte Airbus Helicopters seine Position als weltweite Nummer 1 am zivilen und halbstaatlichen Hubschraubermarkt mit einem Umsatz von 4,6 Milliarden Euro.
Der Standort/Friedrichshafen/Immenstaad am Bodensee ist Teil des Geschäftsbereichs Defense and Space mit den Schwerpunkten Systemführung von Navigations-, Erdbeobachtungs- und Wissenschaftssatelliten sowie Aufklärungs- und Überwachungssysteme, Zieldarstellungsdrohnen.
Der Standort Immenstaad befindet sich auf dem ehemaligen Firmengelände von Dornier, wo das legendäre Flugboot DO-X entwickelt und gebaut wurde [1925].
In Immenstaad hat man sich vor allem auf die Planung, Entwicklung und Herstellung von Wetter- und Erdbeobachtungssatelliten sowie auf Sonden zur Erforschung des Sonnensystems fokussiert, beispielsweise MetOp, Sentiel-2 (im Rahmen des Copernicus-Programms) und Rosetta. Seit 2007 ist der erste MetOp-Satellit operationell in Betrieb. Der Satellit besteht aus zwei Modulen: Das Servicemodul (servicemodule) ist für die Energieversorgung, die Lageregelung und die Steuerung (S-Band Übertragung der Telemetrie und Telekommandos) zuständig und wurde Airbus in Frankreich auf Basis der SPOT-Erdbeobachtungssatelliten entwickelt. Das Nutzlastmodul (payloadmodule) enthält die Instrumente und die Datenübertragung der Nutzlastdaten zum Boden (im Wesentlichen X-Band) und wurde Airbus (damals EADS) in Immenstaad entwickelt.
Innerhalb von nur zwei Jahren wurde das größte und höchste Reinraumgebäude Europas, das Integrated Technology Centre (ITC),in Immenstaad fertig gestellt und das, obwohl der Baugrund nahe dem Bodensee und der Bundesstraße alles andere als optimal war. In diesem Gebäude der Firma Airbus werden nicht nur Satelliten und Sonden zusammengebaut („integriert“) und getestet, sondern auch in einer mit Stickstoff gefüllten Kammer alterungsbeständig gelagert, bis sie zu ihrem endgültigen Einsatz ins All geschossen werden.
Bei Wettersatelliten kann dies durchaus einige Jahre dauern; die Idee dahinter: Es dauert einige Jahre, bis sich Meteorologen mit einem neuen Wettersatelliten vertraut gemacht haben und ihn so kalibriert haben, dass sie mit seiner Hilfe verlässliche Wettermodelle berechnen können. Die Gesamtlebenszeit eines solchen Satelliten beläuft sich auf fünf bis sieben Jahre. Das würde bedeuten, dass die Meteorologen bei jedem Nachfolgemodell immer wieder vor demselben Problem stünden: Das Raumgefährt lässt sich erst nach langer Einarbeitungszeit verlässlich benützen und verfügt dann nur noch über eine relativ kurze Restlebenszeit. Die Lösung besteht darin, dass mehrere identische und baugleiche Satelliten produziert und in der Reinraumfertigungshalle des Airbuswerkes auf ihren oft Jahre später fälligen Einsatz warten. Die Konstruktion und Fertigung von Wettersatelliten ist also eine ganz spezielle Angelegenheit und erfordert eine auf Jahrzehnte ausgelegte und vorausschauende Planung. Nun aber steht ein Generationenwechsel an. Die Raumfahrtabteilung des Airbuswerkes hat bereits ein neues Modell im Bau.
Die Satelliten, die ab 2023 die erste Generation MetOp-Satelliten ablösen sollen, tragen die Bezeichnung Meteorological Operational Satellite – Second Generation (MetOp-SG). EUMETSAT hat sich aufgrund der Anzahl (und Gewicht) der Messinstrumente, die für MetOp-SGvorgesehen sind, entschieden, diese auf zwei Plattformen (Satelliten) zu verteilen (Twin Setup).
Die Besuchergruppe der Liberalen Senioren Baden-Württemberg konnte von einer Galerie aus einen Blickauf die Montagearbeiten werfen. Von den 3.500 Mitarbeitern des Airbuswerkes sind rund 1.000 Forscher, Ingenieure und Techniker bei der Raumfahrtabteilung beschäftigt. Einer davon war bis vor Kurzem Dipl. Ing. Gunther Lautenschlager. Er führte die Besuchergruppe durch das Werk und stellte im Anschluss daran die verschiedenen Satellitentypen vor, die in Immenstaad gefertigt und vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou aus abgeschossen werden, um die Erdatmosphäre,den Erdmantel oder aber das All zu erkunden. Bei diesen Starts müssen die hochsensiblen Instrumente starke Erschütterungen und Vibrationen aushalten. Deshalb wird zunächst jedes eingebaute Gerät und anschließend die gesamte Satellitenkonstruktion auf Funktionstüchtigkeit und mechanische Stressresilienz getestet. Gleichzeitig wird gegenjedes zusätzliche Gramm Gewicht gekämpft – denn pro Kilogramm Gewicht verteuert sich die für den Start notwendige Treibstoffmenge um 10.000 Euro. Im All sind die Apparaturen harten Bedingung ausgesetzt. Kosmische Strahlen setzen den äußeren Schichten mächtig zu. Gleichzeitig herrschen krasse Temperaturunterschiede zwischen minus 110° C (sonnenabgewandte Seite) und plus 120° C (sonnenzuwandte Seite). Eine große Herausforderung also an die Robustheit des Satelliten bei möglichst gewichtssparender Konstruktion. Denn der Satellit muss, damit sie funktionieren, ständig im niedrigen positiven Bereich von Celsiusgraden liegen.
Zu besichtigen waren ebenfalls die Erdbeobachtungssatelliten von Sentinel-2, die Teil des Copernicus-Programms sind.Die von den Satelliten gesammelten Daten werden von Forschern und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt abgefragt und ausgewertet. Die Informationen sind frei zugänglich und dienen dem Umweltschutz und der Landwirtschaft, um zum Beispiel den optimalen Einsatz von Düngemitteln zu koordinieren. Nach Ansicht einiger Besucher müsste der Nutzen dieser Informationen – gerade im Agrar-Sektor – viel stärker in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
Die Finanzierung erfolgt über die Europäische Weltraumorganisation ESA, die mit vielen Milliarden den Bau und Einsatz von Satelliten für zivile Zwecke unterstützt.
Das bisherige Leitungsteam des LSI-Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben-Ulm – Dr. Gerhard Bozler, Klaus Kastner und Guglielmo Mizia (der leider verhindert war) – betrachtete die Organisation der gelungenen Veranstaltung als „Ausstand“ ihrer jahrelangen erfolgreichen Teamarbeit.
Aber gleichzeitig auch als die Übergabe an den Nachfolger Wolfgang Baumbast. Das Team Oberschwaben hat 2010 den Teamgedanken bei der Regionalleitung der LSI-Regionen eingeführt, diese Idee wurde inzwischen in allen Regionen übernommen. Wolfgang Baumbast sucht deshalb intensiv nach Frauen und Männern, die ihn bei der Regionalleitung unterstützen.
Maßgeblich am Gelingen der Veranstaltung war das Team Bozler beteiligt: Senior (Dr. Gerhard) und Junior (Julian).
Der Sohn Julian Bozler gehört nämlich zum Stammpersonal der Raumfahrtabteilung und hat seinen Anteil an der Konstruktion der hochtechnisierten Messinstrumente, die uns als Satelliten mit wertvollen Informationen aus dem All versorgen.
In der firmeneigenen Grillhütte direkt am Seesorgten schließlich Vater und Sohn dafür, dass die Teilnehmer mit leckeren Speisen und Getränken versorgt wurden. Die Zeit bis zur Essensausgabe überbrückte Paul Jakob humorvoll mit einem „riesigen“ und „witzigen“ Feuerwerk an fintenreichen Zaubertricks.
Nach der langen coronabedingten Pause konnte der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben-Ulm mal wieder – wie so oft -eine gelungene Veranstaltung auf die Beine stellen, an die sich die Teilnehmer noch lange und gerne zurückerinnern.
Fotoquellen:
Airbus Immenstaad, Klaus Kastner, Wolfgang Baumbast